Über die Leichtigkeit und das Glücklichsein auf Bookstagram


Ich öffne die Instagram-App, verteile monoton ein paar Herzchen und klicke mich durch die kurzen Videoabschnitte. Ich betrachte die Anzahl der Leute, die mir folgen - wieder drei weniger - und frage mich, ob ich was verbessern oder ändern könnte. Dann gönne ich mir einen Blick auf meine zuletzt hochgeladenen Bilder, mit denen ich eigentlich zufrieden war und überlege, ob sie etwas Unansprechendes ausstrahlen. Mit einem Seufzer wird die App wieder geschlossen und ich mit einer einzigen Frage zurückgelassen:  Schafft man es eigentlich noch, zwischen all den Likes, Followern und Kommentaren auf Bookstagram Leichtigkeit zu empfinden?



Ich sage bewusst nicht "Spaß", denn meiner Meinung nach ist dieser durchaus einfacher zu empfinden. Der Austausch in den Kommentaren zum Beispiel - das macht mir Spaß. Wieder was Neues über meine Mitmenschen zu erfahren, mit ihnen zu diskutieren. Mit Begeisterung die neuen Bilder von inspirierenden Accounts lesen, macht auch Spaß. Aber wenn ich darüber nachdenke, ist nichts davon wirklich leicht.

Man investiert Zeit, manchmal sogar echt viel davon, in soziale Medien und das Doofe daran ist, dass man sie nicht wiederbekommt. Das ist natürlich mit allen Beschäftigungen so, aber mich selbst hat es schon immer geärgert, wenn ich eine weitere halbe Stunde mit Stories-Anschauen verbracht und trotz guter Absicht nicht die Willensstärke aufgebracht habe, das Handy zur Seite zu legen und mich wichtigeren Dingen zu widmen. Dank eines neuen Updates von Seiten Instagrams - tatsächlich mal ein ziemlich nützliches - kann ich mir nun ein Limit von einer Stunde pro Tag für die App setzen. Eine Stunde ist trotz allem noch immer wahnsinnig viel. Ganze sechzig Minuten. Oder dreitausendsechshundert Sekunden. Sollte man diese Zeit dann nicht sinnvoll nutzen?

Vor etwa eineinhalb Jahren schon hat meine Mutter das Aufräumbuch von Marie Kondo gelesen und zwischendurch immer wieder etwas an mich weitergegeben. Das Prinzip, das sich dahinter verbirgt, besteht aus Aussortieren oder Behalten - aber nur das, was einem zu 100% Freude bringt. Ein Prinzip, das sich auf alles anwenden lässt. Ganz egal, ob es um das Entrümpeln im eigenen Zimmer, der Bücher im Regal oder um die Abonnements auf Instagram geht. 

Ich setze mich also hin, öffne mein Profil und zum ersten Mal wird mir wirklich bewusst, dass ich 1250 Menschen abonniert habe. Ich starre diese immens große Zahl für einen Moment schockiert an, werde dann aber vom Tatendrang ergriffen. Viele Stunden verbringe ich damit, nachzuschauen, ob die jeweilige Person a) überhaupt noch aktiv ist, b) mit ihren Posts meinen Geschmack trifft und c) ob ich ihr eine treue Abonnentin sein werde oder nur eine von den Stillen, die die Bilder nie zu sehen bekommt. Schließlich muss ich nicht nur mir, sondern auch anderen gegenüber fair sein.  
Mittlerweile folge ich "nur noch" 260 Leuten. Für Außenstehende mag das radikal erscheinen, vielleicht sogar herzlos. Ich gebe zu, dass es mir jedes Mal einen Stich versetzt, jemandem zu entfolgen. Ich meine es nicht böse. Ich möchte niemandem das Gefühl geben, seine Bilder seien unzureichend, denn um das klarzustellen: In jedem Post stecken Mühe, Arbeit und Liebe und keiner ist mehr wert als ein anderer
Was ich tue, tue ich für mich.
Ich kann das Gefühl nicht ertragen, jeden Tag mehrere Hundert Fotos zu verpassen, obwohl ich bereits stundenlang online war. Ich möchte mit Unbeschwertheit Herzchen verteilen und vor allem Kommentare hinterlassen - einfach etwas von dem zurückgeben, was ich selbst erhalte. In diesem Zuge ist es angebracht, Danke an alle da draußen zu sagen, die sich einen Teil ihrer wertvollen Zeit nehmen, um meine Texte zu lesen und manchmal sogar ihre eigene Meinung äußern. Sowas ist nicht selbstverständlich, zumindest nicht für mich.

Auch ich bemerke immer wieder, dass sich jemand dazu entschlossen hat, kein Abonnent mehr von mir zu sein, aber irgendwie ist jetzt alles anders. Ich wundere mich, ob der- oder diejenige das gleiche erdrückende Gefühl verspürt (hat) wie ich und ob es ihm somit auch ein kleines Bisschen besser geht - auch wenn die Chance im Verhältnis zu dem ganzen Follow-for-Follow-Quatsch relativ gering ist. Nichtsdestotrotz zieht es mich seitdem nicht mehr runter, wenn die Leute gehen, was ein verdammt toller Effekt dieser Denkweise ist und mir seitdem den Weg zur Leichtigkeit auf Bookstagram ein wenig einfacher gemacht hat.

Ein anderer Tag. Ich rufe meine Planungsapp auf und schaue mir die Bilder an, die ich in den nächsten Tagen hochladen werde. Ich verschiebe und tausche sie, bis mir die Anordnung gefällt und verspüre schon jetzt die Vorfreude. Mir fällt auf: Ich bin richtig begeistert von meinem eigenen Tun. Sehr selten kommt das vor und sehr selten sage ich es laut. Denn entgegen der verbissenen Ansicht mancher, dass man selbstverliebt sei, halte ich es für eine ausgezeichnete Methode, zu lernen, dass man auch stolz auf sich selbst empfinden kann. Wenn ich meinen Account betrachte und mir denke "Hey, in letzter Zeit bist du richtig glücklich damit", warum sollte mich dann die Meinung anderer interessieren, solange es mir gut tut? Richtig. Es gibt keinen Grund dazu.

Außerdem: Es spielt überhaupt keine Rolle, wann oder wie oft oder welche Bilder man online stellt, denn keiner - absolut keiner - besitzt das Recht, einen dafür zu verurteilen. Wenn es jemandem nicht passt, dann ist es nun mal so, denn es ist unmöglich, alle zufrieden zu stellen (inklusive einen selbst). Und egal, ob dunkle oder helle Aufnahmen, ob einheitlich oder bunt zusammen- gewürfelt, ob minimalistisch oder einiges zum Anschauen: Es ist meine Entscheidung. Und wenn ich mal tagelang keine Inspiration für meine Captions habe, dann soll es so sein, denn sich selbst zu zwingen ist ein ganz falscher Ansatz.

Und wenn wir schon beim Thema "Minimalismus" sind, machen wir doch noch einen kleinen Zeitsprung zum August 2018...
Ich blicke aus dem Fenster. Die Sonne scheint, Menschen laufen an meinem Haus vorbei und ein Vogel hat es irgendwie geschafft, sich auf den obersten Ast eines Baumes zu pflanzen und absolviert nun sein Balance-Tranining gegen den leichten Wind. Gedanklich bin ich völlig woanders.  
Seit ein paar Tagen habe ich nichts mehr auf Instagram gepostet, was sich komisch anfühlt unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ich es zuvor immer täglich getan habe. Mir ist schon aufgefallen, dass es nur noch wenig Spaß macht, habe dieses Gefühl aber ganz nach dem Prinzip "Wird mit der Zeit schon wieder vergehen" ignoriert und werde wenig später merken, dass dies nie eine gute Lösung ist.
Und da sitze ich nun, versunken in meiner Krise, und überlege, meinen Account zu deaktivieren. Ich kann nicht einmal sagen, was mich unzufrieden stimmt, es ist bloß alles zu viel. Was machen andere anders? Es braucht eine Weile bis ich erkenne, was mir nicht mehr gefällt: Cover. Titel. Überall. Auf jedem meiner Bilder präsentiere ich ein Buch mit Namen und Aussehen und muss seit Neuestem auch noch überall "Unbezahlte Werbung" hinschreiben, da ja momentan die Panikwelle aller Blogger zum Thema Werbung-Kennzeichnen über uns hinwegrollt. Das alles ist maximal frustrierend und zerrt an meinen Nerven, weswegen ich beschließe, alle Fotos, die ich für die nähere Zukunft aufgenommen hatte, zu verwerfen und eine Reihe neuer zu machen. 
Doch wie funktioniert das eigentlich? Ich sitze erst etwas ratlos in der Gegend herum. So ganz ohne Cover kenne ich das noch gar nicht. Es dauert aber keine halbe Stunde bis mir die Ideen  entgegenprasseln (sowas wie mal den Buchschnitt zu fotografieren oder ein paar Zeilen einer Seite)und ich fühle mich befreit wie nie zuvor. Merke, wie meine Blockade schwindet und neue Kreativität hereinströmt. Und plötzlich legt man viel mehr Augenmerk auf die kleinen Dinge: Lesezeichen, Blumen, Dekorationselemente,... 
Noch immer verfahre ich nach dem gleichen Prinzip und mit der Zeit fällt immer häufiger der Begriff "minimalistisch" - schlicht und simpel, ohne Ballast. Das gefällt mir. Obwohl ich mittlerweile nicht mehr vollständig auf die Titelerkennung und Cover verzichte, macht es mir doch unheimlich viel Freude, beim Fotografieren minimalistisch vorzugehen und Neues auszuprobieren.

Durch diese drei Punkte 

  • Ausprobieren eines neuen "Styles" 
  • Fokussieren auf meine Wünsche und Zufriedenheit und nicht die anderer
  • und sinnvolles Nutzen meiner Zeit für die App
kann ich mir und euch sagen, dass es möglich ist, auf/mit Instagram glücklich zu werden. Denn für mich bedeutet Glücklichsein = Freude und Leichtigkeit zu empfinden und mich von all dem negativen Zeugs zu entfernen. 



Ihr Lieben, ich hoffe, ich konnte euch sowohl einen Einblick in meine Tiefpunkte als auch in meine neu gewonnene Denkweise ermöglichen und euch vielleicht inspirieren, gar helfen. Natürlich möchte man über die sozialen Medien seine Vorlieben mit anderen teilen und mit ihnen in Kontakt zu kommen. Mit der Zeit jedoch steigt der Druck - die Erwartung - und viele verlieren nicht nur ihr Ziel, sondern auch ihre Begeisterung aus den Augen. Deswegen: Sorgt dafür, dass ihr in erster Linie zufrieden seid, Spaß habt und euch keinen Stress macht, damit ihr gar nicht erst in Krisen geratet und Selbstzweifel verspürt. Jeder Einzelne von euch ist nämlich wunderbar. Punkt. 

Danke, dass ihr euch meinen gefühlsduseligen und umfassenden Wörterschwall durchgelesen und es bis zum Ende ausgehalten habt. Das bedeutet mir wirklich viel! Bis zum nächsten Mal,
alles Liebe, eure Lea ❤



4 Kommentare:

  1. Ach Lea, ich weiß, dass du gut mit Worten bist, aber dies hier hast du mehr als nur gut zusammengefasst! Ich bin stolz auf dich, dass du so mutig bist, und auxh stolz auf mich, auxh wenn mir das nicht leicht über die Lippen kommt, andere inspirieren zu können, wie du Es bei mir täglich schaffst.
    Danke
    In Liebe
    Kat ❤

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    1. Meine süße Kathrin, bitte verzeihe meine unangemessen späte Antwort, aber deinen Kommentar konnte ich so nicht einfach stehenlassen. Ich danke dir aus tiefstem Herzen für dein Kompliment und bin ebenfalls sehr stolz auf dich, denn zu sagen, dass man stolz auf sich selbst ist, ist wirklich nicht einfach. Du bist für mich noch immer eine riesige Inspiration und ich drücke dich an dieser Stelle aus der Ferne!
      Alles Liebe, deine Lea

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  2. Wow,ich bin echt begeistert von diesem Post! Er ist super ehrlich und trifft genau ins Schwarze. Ich dachte immer, dass es vielleicht nur mir so geht, aber ich bin anscheinend nicht die einzige. Ich hab das Gefühl, dass es wirklich nur noch um Likes und Abonnenten geht und nicht mehr darum, dass man seine Liebe zum Lesen oder zu Büchern zeigt. Aber wenn man versucht, es allen recht zu machen, kommt man nicht weit.
    Du hast mich hier wirklich inspiriert��
    LG
    Sophia

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    1. Liebe Sophia, dein Kommentar hat mich gerade sehr ergriffen und ich wünschte, ich hätte ihn früher gesehen und beantwortet (an dieser Stelle bitte ich stark um Entschuldigung!) Ich teile dein Gefühl sehr, auch angesichts der vielen Diskussionen bezüglich der Abschaffung der Like-Zahlen (zumindest auf den ersten Blick) in letzter Zeit, denn für viele scheint das gleich einem Untergang zu sein. Dabei sind wir doch alle mit dem Ziel auf die Plattform gekommen, unsere Bücherliebe zu zeigen und uns mit anderen auszutauschen... Auf der anderen Seite gibt es auch immer mehr Leute, die sich momentan für einen Neuanfang entscheiden - gerade weil sie den Zahlendruck nicht ertragen, das finde ich auch sehr inspirierend.
      Ich schicke dir ganz liebe Grüße und hoffe, dass es dir gut geht,
      deine Lea

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